"Tatort Wohnzimmer": Häusliche Gewalt ist eines der höchsten Gesundheitsrisiken für Frauen

Jeden Tag werden weltweit Millionen von Frauen geschlagen, gekniffen, geboxt, angebrüllt, eingesperrt, psychisch unter Druck gesetzt, bedroht, verfolgt, umgebracht. Meist in ihren eigenen vier Wänden, von ihren Ehemännern, Lebensgefährten, Geliebten, Ex-Männern oder Ex-Partnern.

Häusliche Gewalt ist eines der höchsten Gesundheitsrisiken für Frauen. „Die eigene Wohnung, das Wohnzimmer beispielsweise, sind ein gefährlicher Tatort für Frauen“, stellt Gleichstellungs-beauftragte Svenja Gruber fest. „Um besonders auf das Thema Häusliche Gewalt aufmerksam zu machen, haben wir in diesem Jahr ein kleines Wohnzimmer im Eingangsbereich im Rathaus aufgebaut.“ Häusliche Gewalt ist die am weitesten verbreitete Form der Gewalt gegen Frauen und umfasst alle gesellschaftlichen Schichten. Die meisten Opfer von Partnerschaftsgewalt sind weiblich, viele Übergriffe bleiben nach wie vor unbekannt. Erheblicher Risikofaktor für Frauen, Häusliche Gewalt zu erfahren, ist eine Trennung oder Trennungsabsicht vom Partner, aber auch eigene Gewalterfahrungen in der Kindheit und Jugend erhöhen die Gefahr.

„Gewalt gegen Frauen hat viele Gesichter – und sie findet häufig in Beziehungen statt.“ Mit dieser Aussage erstellt auch das Bundeskriminalamt (BKA) seit 2015 kriminalstatistische Auswertungen zur Partnerschaftsgewalt in Deutschland. Die aktuelle Statistik des BKA aus 2017 zeigt:

  • Fast 138.893 Straftaten, wie Mord und Totschlag, Körperverletzungen, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, Bedrohung, Stalking, Nötigung, Freiheitsberaubung, Zuhälterei und Zwangsprostitution wurden im Zusammenhang mit Partnerschaftsgewalt erfasst.
  • Seit 2013 stieg die Anzahl der Opferzahlen partnerschaftlicher Gewalt insgesamt von gut 121.778 auf nahezu 140.000.
  • Über 82% der Opfer waren im Berichtsjahr weiblich.
  • Fast die Hälfte aller Opfer o.g. Straftaten lebte im gemeinsamen Haushalt mit dem/der Täter/in.
  • In den Deliktsbereichen Vergewaltigung und sexuelle Nötigung, Bedrohung, Stalking, Nötigung sowie Freiheitsberaubung ist der prozentuale Anteil weiblicher Opfer von Partnerschaftsgewalt besonders hoch.

In Schleswig-Holstein gibt es 16 Frauenhäuser, in denen von häuslicher Gewalt betroffene Frauen mit ihren Kindern Zuflucht finden. Die derzeit 349 Plätze decken den Bedarf bei weitem nicht.

Am Internationalen Tag gegen Gewalt, dem 25. November, wird wieder weltweit auf Gewalt gegen Frauen aufmerksam gemacht. Henstedt-Ulzburg setzt in der Aktionswoche vom 25. bis zum 29. November wieder ein öffentliches Zeichen gegen Gewalt an Frauen:

Die Flagge „Frei Leben ohne Gewalt“ der Menschenrechtsorganisation „Terre des femmes“ wird am Rathaus in der Aktionswoche gehisst sein und spezielles Informationsmaterial zu Stalking und häuslicher Gewalt liegt für Besucherinnen und Besucher des Rathauses im Eingangsbereich aus und macht auf Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten aufmerksam.

Die Kampagne „Gewalt kommt nicht in die Tüte“, die gemeinsame Aktion des Landesinnungs-verbands des Bäckerhandwerks, mit den Gleichstellungsbeauftragten und dem KIK-Netzwerk bei häuslicher Gewalt, findet am Donnerstag, 28. November ab 10h auf dem Marktplatz Ulzburg statt. „Um in diesem Jahr besonders auf das Thema häusliche Gewalt aufmerksam zu machen, ziehen wir (bei trockenem Wetter) mit dem „Tatort Wohnzimmer“ auf den Markt-platz Ulzburg“, erklärt Svenja Gruber. „Dort möchten wir mit Frauen und Männern ins Gespräch kommen.“ Beim „Tatort Wohnzimmer“ werden auch die von Bäckerei Rathjen und Bäckerei Wagner gespendeten Brötchentüten mit Informationsmaterial und der bundesweiten Rufnummer des Hilfetelefons 08000 116 016 verteilt.

Unterstützt wird Svenja Gruber von Karen Demuth, Beraterin der Frauenfachberatungsstelle Kaltenkirchen, Suzanne Pjede von der örtlichen Polizeistation Henstedt-Ulzburg sowie von Nina Mehlert vom Weissen Ring. Gemeinsam informieren sie über häusliche Gewalt und machen auf Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten vor Ort aufmerksam.

Es gibt auch Gewalt gegen Männer. Jungen und Männer werden insgesamt sogar häufiger als Frauen Opfer von Raub, Erpressung, Hausfriedensbruch, Menschenraub, Geiselnahme. Aber: Die Täter sind in den meisten Fällen Männer. Zusammengefasst und zugespitzt formuliert Svenja Gruber: „Gewalt gegen Frauen ist Männergewalt. Gewalt gegen Männer auch.“

Männer, die in ihrer Kindheit oder Jugend sexuell missbraucht worden sind, oder als Erwach­sene Opfer von häuslicher und sexueller Gewalt wurden, finden Hilfe in der „Männerberatung“ an den Standorten Elmshorn, Neumünster oder Quickborn.

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