Talk about – Sexualität & Gender Informationsveranstaltungen für Flüchtlinge

Talk about – Sexualität & Gender Informationsveranstaltungen für Flüchtlinge

„Ich habe noch nie so viel in einem Kurs gelernt“, spricht ein afghanischer Familienvater aus, was viele Teilnehmer nach dem Besuch der ersten „Talk about“ Veranstaltung für geflüchtete Männer denken. Welche Unterschiede gibt es in Bezug auf Sexualität und Geschlechterrollen zwischen Deutschland und anderen Ländern? Was ist männlich? Was ist weiblich? Was ist normal? Was ist erlaubt, was nicht? Diese und viele andere Fragen stellen sich geflüchtete Männer und Frauen in ihrem neuen Heimatland Deutschland.

Einige Teilnehmer der ersten Veranstaltungsreihe von „Talk about“ mit Referent Georg Aschoff, Jungenarbeit Hamburg e.V. und Wenzel Waschischeck, Flüchtlingskoordinator der Gemeinde Henstedt-Ulzburg.

Antworten erhalten sie in dem präventiven Pilot-Projekt „Talk about – Sexualität & Gender für geflüchtete Erwachsene“, dass seit Juni 2017 in Henstedt-Ulzburg angeboten wird. 33 Männer und 30 Frauen aus Afghanistan haben an dem Projekt bereits teilgenommen. „Mit unseren Veranstaltungen möchten wir geflüchteten Menschen einen sicheren Rahmen bieten, um sich mit den Themen Sexualität, Mann sein bzw. Frau sein zu beschäftigen und sich über hier verbreitete Sexualkulturen, sexuelle und reproduktive Rechte und Gleichberechtigung zu informieren und Fragen zu stellen“, erklären Gleichstellungsbeauftragte Svenja Gruber und Flüchtlingskoordinator Wenzel Waschischeck, die das Projekt in Henstedt-Ulzburg organisieren. Die erste Veranstaltungsreihe war für Geflüchtete aus Afghanistan und wurde jeweils von einer Dolmetscherin bzw. einem Dolmetscher für Dari/Farsi begleitet.

Bürgermeister Bauer ist nach anfänglichen Vorbehalten von dem Projekt „Talk about“ überzeugt und unterstützt seine Fortsetzung in Henstedt-Ulzburg. „Der Schlüssel für den Erfolg lag vor allem im persönlichen Zugang zu den Betroffenen und an den hervorragenden Rahmenbedingungen, wie der geschlechtergetrennten Durchführung, der Beschränkung auf einen Sprach-/Kulturkreis mit Übersetzung sowie einer flankierenden Kinderbetreuung vor Ort. Dies ist den Verantwortlichen vorbildlich gelungen.“

„In den ersten Veranstaltungen für Männer standen Wissensvermittlung und Aufklärung in Bezug auf die biologischen Grundlagen von Sexualität und Geschlecht im Focus“, so Henrik Schröder von Jungenarbeit Hamburg e.V. Zu den Veranstaltungen für Frauen fand begleitend eine Kinderbetreuung statt, damit auch Mütter teilnehmen konnten. „Die Frauen konnten viele Fragen zu Familienplanung, Verhütung und Schwangerschaft, aber auch zu Homosexualität und sexueller Vielfalt klären“, berichten Nadja Ehlers von pro familia und Amélie Bärnwick von Jungenarbeit Hamburg e.V. zu den Frauenveranstaltungen.

Jungenarbeit e.V. und pro familia setzen bei der Umsetzung des Projekts auf Freiwilligkeit und Vertraulichkeit. „Grundlegend für unsere Arbeit ist das sexuelle Selbstbestimmungsrecht jedes Menschen. Die Teilnahme an den Veranstaltungen ist freiwillig, auch entscheiden die Frauen und Männer selbst, ob und welche Fragen sie stellen möchten“, betont Georg Aschoff von Jungenarbeit Hamburg e.V.

Der bewusst geschlechtsbezogene Rahmen des Projektes und ein geschlechtersensibler Blick der Referentinnen und Referenten erleichtern es, schwierige Themen anzusprechen und auch schambesetzte Fragen zu stellen. Außerdem können im Vorfeld Fragen anonym aufgeschrieben und abgegeben werden, die dann in den Veranstaltungen beantwortet werden.

„Ziel ist es, einen offenen und sensiblen Austausch zu ermöglichen und eine differenzierende Reflexion eigener und fremder Vorstellungen und Haltungen anzuregen“, so Wenzel Waschischeck. „Ob es um Familienplanung, Flirten, Familienehre oder Bildungschancen geht, nicht zuletzt werden dabei immer Fragen von Geschlechterrollen, sexueller Vielfalt und Gleichberechtigung verhandelt“, lobt Svenja Gruber den präventiven Charakter des Projektes.

Eine Fortsetzung des Projektes in Henstedt-Ulzburg ist für Herbst 2017 geplant, dann für Geflüchtete aus dem arabischsprachigen Kulturkreis, wie z.B. Syrien. Aber auch erste Gespräche mit dem Kreis Segeberg zeigen, dass der Bedarf an präventiven Projekten in Bezug auf Sexualität und Geschlechterrollen für Geflüchtete über 2017 hinaus und auch in anderen Teilen des Kreises Segeberg sehr groß ist.

Durchgeführt wird „Talk about“ von Jungenarbeit Hamburg e.V. und pro familia, zwei Trägern mit viel Fachkompetenz und Erfahrung im Bereich Sexualität, Liebe, Geschlecht und Familie. Finanziell unterstützt wurde die Pilotphase des Projekts von der Gemeinde Henstedt-Ulzburg und der Gleichstellungsbeauftragten des Kreises Segeberg.

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