Wat mutt, dat mutt… für mehr (Geschlechter-) Gerechtigkeit im echten Norden!

Der internationale Frauentag, der seit 1911 jährlich am 8. März begangen wird, erinnert an die Erfolge, die die Frauenbewegung seitdem erzielt hat. 1910 forderte die deutsche Sozialistin Clara Zetkin erstmals öffentlich „Menschenrechte für Frauen“. Bereits ein Jahr später gingen Frauen in Deutschland, Österreich, Dänemark und der Schweiz auf die Straßen, um den Frauentag zu feiern. Vor allem forderten sie damals das Frauenwahlrecht, dass 1918 in Deutschland eingeführt wurde.

Seit 1949 garantiert das Grundgesetz die Gleichberechtigung von Mann und Frau und mit der Änderung von 1994 wurde der Staat besonders in die Pflicht genommen: „Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin“ (Art. 3 Abs.2).

Trotz beachtlicher Fortschritte auf einigen Gebieten sind die Chancen von Frauen und Männern in vielen gesellschaftlichen Bereichen immer noch sehr unterschiedlich.

Mehr als die Hälfte aller Wahlberechtigten im „echten Norden“ sind Frauen. Dennoch spiegelt sich dies nicht in ihrem Einfluss wieder: Frauen sind seltener in Führungspositionen in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik vertreten. „Eine gute und gerechte Demokratie beginnt aber bereits mit der Verteilung von Entscheidungsmacht“, so Svenja Gruber, Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Henstedt-Ulzburg. Der Frauenanteil in den politischen Gremien in den vier Kommunen liegt bei aktuell 30% in Norderstedt 29% in Henstedt-Ulzburg, 24% in Bad Bramstedt, und 19% in Kaltenkirchen. Dies ist eine von vielen strukturell bedingten Ursachen dafür, das gerechte Geschlechterdemokratie, d. h. die gleichberechtigte Teilhabe an Arbeits- und Lebensbedingungen, auch in Schleswig-Holstein noch nicht erreicht ist.

Deswegen hat die Landesarbeitsgemeinschaft der hauptamtlich kommunalen Gleichstellungs- und Frauenbeauftragten in Schleswig-Holstein frauenpolitische Handlungsempfehlungen entwickelt. Diese richten sich an die Parteien, sowie an die Kandidatinnen und Kandidaten, die nach dem 07. Mai 2017 im schleswig-holsteinischen Landtag die Chance und Aufgabe haben, die Lebensrealitäten von rund 2,8 Mio. Frauen und Männern, von Mädchen und Jungen jeden Tag ein Stückchen besser zu machen. „Eine gute und gerechte Demokratie kann nur funktionieren, wenn bei allen politischen Vorhaben die unterschiedlichen Bedarfe von Frauen und Männer Berücksichtigung finden“, betont Svenja Gruber.

Frauenpolitische Eckpunkte zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein 2017
Das Eckpunkte-Papier zeigt den politischen Handlungsbedarf in acht gesellschaftlichen Bereichen auf:

1. Für Frauen mit und ohne Erwerbsarbeit

  • Über 70% der unbezahlten Haus- und Betreuungsarbeit wird von Frauen geleistet.
  • Weibliche Fachkräfte arbeiten in besonderem Maße in prekären Arbeitsverhältnissen, wie Teilzeit, Leiharbeit oder Minijobs.
  • Nach dem beruflichen Wiedereinstieg (Frauenanteil 96%) arbeiten Berufsrückkehrerinnen deutlich stärker unterhalb ihrer beruflichen Qualifikationen.
  • Die Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern beträgt in Schleswig-Holstein 22%.
  • Frauen in Führungspositionen, Frauen als Unternehmerinnen und Frauen als Gründerinnen sind in Schleswig-Holstein immer noch in deutlicher Minderheit.
  • Schleswig-holsteinische Universitäten beschäftigen 40,8% weibliches Personal – je höher allerdings die Karrierestufe ist, desto weniger Frauen sind es.

In der neuen Legislaturperiode ist es entscheidend, Arbeitsmarktpolitik so zu steuern, dass Frauen ihr Erwerbspotenzial in Richtung einer Existenz sichernden Beschäftigung ausbauen können. Frauen benötigen sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse, besonders in Branchen wie Einzelhandel, Gastronomie und Tourismus.

Entscheidend ist ebenfalls im Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialwesen – in denen viele Frauen arbeiten – für angemessene Bezahlung, genügend Personal sowie für ein Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit sorgen. Dazu gehört beispielsweise auch ein dualer Ausbildungszugang für den Beruf der Erzieher/in.

Die frauenspezifischen Beratungsangebote wie FRAU & BERUF müssen erhalten und weiterentwickelt werden. Auch sind Angebote zur Existenzgründung und zur Unternehmensnach-folge für Frauen notwendig, wie z.B. Coaching und Mentoring während und nach der Gründungsphase. „In unseren Kommunen Bad Bramstedt, Kaltenkirchen, Henstedt-Ulzburg und Norderstedt sind die Beratungsangebote von FRAU & BERUF regelmäßig ausgebucht“, bestätigt Svenja Gruber den Bedarf.

2. Für alleinerziehende Mütter und Väter

  • Etwa 90 % aller Alleinerziehenden sind Mütter.
  • Das Armutsrisiko ist für Alleinerziehende wesentlich höher als bei Paarfamilien.
  • Ein Hindernisgrund für die Aufnahme einer Existenz sichernden Beschäftigung ist oft der Mangel an flexiblen, kostengünstigen und qualifizierten Kinderbetreuungsangeboten
  • Alleinerziehende und ihre Kinder sind stark auf die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs angewiesen. Ein Auto ist oftmals auch wegen der häufig nur in Teilzeit ausgeübten Tätigkeit nicht erschwinglich.
  • Rund 15% der Alleinerziehenden in Schleswig-Holstein sind verschuldet, besonders die Wohnkosten sind eine hohe Belastung. Allerziehende benötigen bezahlbaren und angemessenen Wohnraum.

Ein-Eltern-Familien sind zur Normalität geworden, der Rechnung zu tragen ist. Alleinererziehende erfüllen durch die Versorgung und Erziehung ihrer Kinder eine gesellschaftliche Aufgabe und müssen deswegen besser unterstützt werden.

Insbesondere gilt es Rahmenbedingungen für eine kostenfreie und flächendeckende Kinderbetreuung zu schaffen. Das Betreuungsangebot muss zeitlich flexibler werden und auch Randzeiten abdecken. Der Ausbau der Ganztagsschulen muss qualitativ und quantitativ fortgesetzt werden. Auch kostenfreies Frühstück bzw. Mittagessen in den Kitas würde für Alleinerziehende den Ausstieg aus der Armutsspirale ermöglichen. „In Henstedt-Ulzburg liegt aktuelle Quote der U3-Versorgung in den Kitas (ohne Tagespflege) bei 27%, mit Tagespflege bei 40%. Es ist nach wie vor ein großer Bedarf an Betreuungsplätzen U3 vorhanden, damit besonders Frauen frühzeitig wieder in ihren Beruf zurückkehren können“, bestätigt Svenja Gruber.

Zentrale Herausforderung ist, für bezahlbaren Wohnraum zu sorgen, mit entsprechender familienfreundlicher Infrastruktur, der für Alleinziehende und deren Kinder geeignet ist. „Besonders die Gemeinde Henstedt-Ulzburg hat im Vergleich zu ihren Nachbarkommunen einen großen Nachholbedarf an bezahlbarem und sozialgefördertem Wohnraum“, meint Svenja Gruber.

3. Für Mädchen und junge Frauen

  • Mädchen und junge Frauen sind nach wie vor mit stereotypen, hierarchischen Rollenzuschreibungen konfrontiert.
  • Noch immer werden Mädchen und Jungen in Schule und Unterricht auf Grund ihres Geschlechts differenziert wahrgenommen und von Eltern und Lehrkräften unterschiedlich gemäß Rollenstereotypen gefördert: „Jungen sind gut in Mathe, Mädchen gut in Sprachen.“
  • Obwohl Mädchen im Vergleich zu den Jungen bessere Schulabschlüsse absolvieren, ist die Berufswahl nach wie vor von alten Rollenbildern und traditionellen Berufszuschreibungen bestimmt.
  • Viele junge Menschen favorisieren heute ein gleichberechtigtes Partnerschaftsmodell. Doch sobald Kinder geboren werden, fallen die Partner/innen häufig in eher traditionelle Geschlechterrollen zurück – mit allen negativen Langzeitfolgen in den Erwerbsbiographien.

Besonders wichtig ist die Vermittlung von Genderkompetenz als Querschnittskompetenz in der Ausbildung von sozialpädagogischen Fachkräften, Erzieher/innen, Schulsozialarbeiter/innen, sowie Lehrkräften. Die Landespolitik sollte ein Pilotprojekt zur geschlechtergerechten Schule (am Beispiel von Österreich) initiieren, um die Schulen bei der Implementierung von Gender-Mainstreaming in den Schulen zu unterstützen.

Die Anreize für männliche Lehrkräfte und Erzieher, in Grundschulen und Kitas zu arbeiten, sollten verstärkt werden, um ihre personifizierte Vorbildfunktion zu nutzen.

Berufsorientierung sollte breiter angelegt werden, damit das geschlechtsspezifische Berufswahlverhalten hinterfragt und die Bandbreite der Ausbildungsberufe besonders für junge Frauen erfahrbarer wird. Maßnahmen für mehr Frauen in zukunftsträchtige Berufe im Bereich der neuen Medien sowie MINT-Berufen gilt es zu verstärken.

Mädchen- als auch Jungenarbeit als wesentlicher Teil geschlechtergerechter Jugendarbeit sollte gefördert und weiter ausgebaut werden. „Mit einer offenen Kinder- und Jugendarbeit an zwei Standorten ist Henstedt-Ulzburg gut aufgestellt“, findet Svenja Gruber.

4. Für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder

  • Von ihrem 15. Lebensjahr an, erfährt eine von drei Frauen (33%) unabhängig von Alter, sozialem Status oder ethnischer Zugehörigkeit körperliche und/oder sexualisierte Gewalt, jede fünfte (20%) davon in der Partnerschaft.
  • Die Beratungsbedarfe an Frauenfachberatungsstellen und Plätzen in Frauenhäusern sind gestiegen, u.a. durch den Zuzug weiblicher Geflüchteter, die Gewalt erfahren haben.
  • Die Angebote müssen niedrigschwellig und für die Betroffenen erreichbar sein.
  • Am 01.07.2017 tritt das Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen (Prostituiertenschutzgesetz) in Kraft. In der Umsetzung durch die Kommunen wird sich zeigen, ob und inwieweit das Gesetz seinen Schutzzweck tatsächlich erfüllen kann.

Es bleibt politische Aufgabe, sich entschieden für die Umsetzung des Gewaltschutzgesetzes einzusetzen, um Frauen und Mädchen ein gewaltfreies Leben in Schleswig-Holstein zu ermöglichen, z.B. in Form eines Landesaktionsplanes „Gewaltfreies und selbstbestimmtes Leben für Frauen“, der neben häuslicher und sexualisierter Gewalt auch die psychische und strukturelle Gewalt benennt und enttabuisiert.

Neben dem Opferschutz sollte auch ein Fokus auf die Arbeit mit den Tätern von Gewalt gegen Frauen gesetzt werden.

Für Beratungsstellen vor Ort sind ausreichend Mittel, auch für einen Pool an Dolmetscherinnen und Beratungsstellen in ländlichen Gebieten bereitzustellen. „Einstimmig wurde Anfang des Jahres beschlossen, vor Ort in Henstedt-Ulzburg eine wöchentliche Sprechstunde der Frauenfachberatungsstelle einzurichten und aus freiwilligen kommunalen Mitteln zu finanzieren“, freut sich Svenja Gruber.

Auch für männliche Gewaltopfer von sexualisierter und häuslicher Gewalt sollten entsprechende Bedarfe ermittelt bzw. adäquate Angebote vorgehalten werden.

Bei der Umsetzung des Prostituiertenschutzgesetzes muss oberstes politisches Ziel sein, eine Stigmatisierung von Prostituierten zu vermeiden und durch geeignete, auch zusätzliche flankierende Maßnahmen einen tatsächlichen Schutz für Prostituierte zu verwirklichen. Eine freiwillige, nichtbehördliche und aufsuchende Fachberatung für Prostituiert sollte eingerichtet werden. Das Angebot muss niedrigschwellig und restriktionsfrei sein, um vertrauliche Beratung und bedarfsgerechte Unterstützung zu ermöglichen. „Vor Ort in den Kommunen sollten vor allem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Ordnungsämter geschult werden in Bezug auf Menschenhandel und sexuelle Gewalt“, fordert Svenja Gruber.

5. Für Migrantinnen

  • Migrantinnen und Migranten weisen im Vergleich zur einheimischen Bevölkerung ein deutlich höheres Armutsrisiko auf.
  • Der Frauenanteil der Geflüchteten in Schleswig-Holstein ist auf 41% Frauen und Mädchen in 2016 gestiegen. Es ist davon auszugehen, dass darunter auch viele Frauen und Mädchen sind, die geschlechtsspezifische Gewalt und Traumatisierungen erlebt haben, allerdings bleibt ihnen die Kostenübernahme von psychologischen Therapien im Asylverfahren verwehrt.
  • Weniger als 1% der anerkannten Asylfälle haben eine geschlechtsspezifische Verfolgung geltend gemacht, Gründe könnten emotionale Hürden oder Unkenntnis der Rechtslage sein.
  • Die Anzahl an unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlingen ist auf 38% gestiegen (1. Quartal 2016), 47% davon sind weiblich. Über 1000 minderjährige verheiratete geflüchtete Mädchen leben in Deutschland.
  • 25% der Menschen ohne Arbeit haben Migrationshintergrund, unter den Frauen mit Migrationshintergrund sind mehr als die Hälfte arbeitslos.

Die nächste Regierung sollte für eine gerechte Teilhabe am Arbeitsmarkt, bei der Bildung und Gesundheitsfürsorge für Frauen mit Migrationshintergrund Sorge tragen. Dies kann z. B. durch ein landesweites richtungweisendes Integrations- bzw. Partizipationskonzept (d. h. mit Beteiligung der Betroffenen) und entsprechender Geschlechterperspektive umgesetzt werden.

Alle geflüchteten Frauen sollten Zugang zu einer Rechtsberatung erhalten, um über Themen wie geschlechtsspezifische Verfolgung, die Möglichkeit eines getrennten Asylverfahrens bzw. getrennter Anhörung und/oder den Anspruch auf eine weibliche Verfahrensberaterin informiert zu werden.

Die Gesundheitsversorgung, insbesondere die psychosoziale und gesundheitliche Versorgung von Migrantinnen und Flüchtlingen sollte verbessert und abgesichert werden. Der Zugang zu Dolmetscher/innen muss strukturell verankert sowie finanziell abgesichert werden.

Es braucht für die Integration auf den Arbeitsmarkt vielfältige, passgenauere Unterstützungsprogramme und Maßnahmen für neuzugewanderte Frauen in Kombination mit Sprachförderung (inkl. Alphabetisierung) und ggf. Kinderbetreuung.

6. Für Seniorinnen

  • Der demografische Wandel wird in den kommenden Jahrzehnten die Bevölkerungsstruktur des Landes maßgeblich verändern: So wird es zukünftig deutlich mehr ältere Menschen geben.
  • Frauen haben einen um 57% geringeren eigenen Rentenanspruch als Männer. Das durchschnittliche Renteneinkommen von Frauen beträgt in Deutschland 618,- €. Das heißt: Frauenarmut ist nach wie weiblich. Frauen leben im Durchschnitt zwar länger, verfügen jedoch in erheblich geringerem Maße über auskömmliche finanzielle Ressourcen und sind dadurch gezwungen, Sozialleistungen in Form von Grundsicherung im Alter zu beantragen.
  • Der Pflege- und Unterstützungsbedarf durch professionelle ambulante und stationäre Einrichtungen wird deutlich zunehmen, obwohl bereits heute ein erheblicher Fachkräftemangel in diesen Bereichen besteht.
  • Zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie gehört immer stärker auch die Betreuung und Versorgung von pflegebedürftigen Angehörigen. In der Regel wird die häusliche Pflege von (Ehe-)Frauen, Töchtern und Schwiegertöchtern geleistet.

Die Betreuung von Kindern und Pflege von Angehörigen sollte bei der Rentenberechnung stärkere Berücksichtigung finden, damit das Rentenniveau von Frauen nicht noch weiter sinkt.

Ausbildungen in Gesundheits- und Sozialberufen müssen grundsätzlich aufgewertet und besser entlohnt werden.

Es müssen Rahmenbedingungen geschaffen werden, die junge Menschen motivieren, eine Ausbildung in der (Alten-) pflege aufzunehmen.

7. Für Frauengesundheit

  • Der Krankenstand von Frauen in Schleswig-Holstein ist um 23% höher als der der Männer. Männer und Frauen anders krank sind: z. B. liegen bei Frauen die „psychischen Erkrankungen“ auf Platz zwei der Arbeitsunfähigkeitstage. Bei den Männern steht diese Erkrankungsgruppe erst an vierter Stelle.
  • Häusliche Gewalt und ihre gravierenden Auswirkungen auf die Gesundheit gelten als eines der größten Gesundheitsrisiken für Frauen (WHO-Bericht 2013).
  • Frauen verändern ihr Verhütungsverhalten, wenn das Geld knapp ist. Bei der Entscheidung für eine Methode zur Verhütung werden die Kosten zum entscheidenden Kriterium, nicht aber die eigentlich wichtigen Faktoren: Sicherheit und Verträglichkeit
  • Zwischen Frauen und Männern existieren Unterschiede in Mortalität (Sterberate), Morbidität (Krankenstand) und Gesundheitsverhalten (z. B. in Bezug auf Ernährung, Bewegung, Suchtmittelkonsum). Sowohl bei der Bedarfsermittlung von Prävention als auch bei Gesundheitsförderungsleistungen sind daher geschlechtsbezogene Aspekte zu berücksichtigen.
  • Die Haftpflichtversicherungsprämie für freiberufliche Hebammen ist derart gestiegen, dass immer weniger Hebammen bei Hausgeburten, im Geburtshaus oder als Beleghebammen tätig sind. Die freie Wahl des Geburtsortes, die auch der Europäische Gerichtshof Frauen zubilligt, ist in Deutschland akut bedroht.

Bei Bedarfsermittlungen sowie Angebote und Maßnahmen der Gesundheitsförderung bzw. Prävention sind geschlechtsbezogene Aspekte durchgängig und systematisch zu berücksichtigen.

Es besteht besonderer politischer Handlungsbedarf darin, sozial bedürftigen Frauen kostenlose Verhütungsmittel zur Verfügung zu stellen. Es gilt zum einen, Schwangerschaftsabbrüche zu vermeiden – es geht aber auch um das Recht aller Frauen auf eine selbstbestimmte Sexualität und Familienplanung. Die Stadt Norderstedt finanziert Verhütungsmittel aus freiwilligen kommunalen Mitteln. In Kaltenkirchen stellen diese jedoch kein verlässliches Angebot dar, weil die Bereitstellung von Haushaltsmittel von den politischen Mehrheiten Vorort abhängt.

Die Politik muss für die Sicherung der Haftpflichtprämien von freiberuflichen Hebammen Verantwortung übernehmen und für ein flächendeckendes Angebot an Hebammen, die in der Geburtshilfe tätig sind, Sorge tragen.

8. Gleiche Chancen für alle Bürgerinnen und Bürger

  • In fast allen politischen landesweiten Vorhaben (wie z. B. der Landesnahverkehrsplan, die entsprechenden Mobilitätsstrategien, der Flüchtlingspakt, die schleswigholsteinische Präventionsstrategie, die Förderung des Sportes etc.) sind die unterschiedlichen Auswirkungen auf die Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern beinah ausnahmslos nicht berücksichtigt bzw. konkretisiert worden.
  • Der erste Gender-Budgeting-Bericht der Landesregierung zeigt, dass die Analyse der erhobenen Daten nicht aussagekräftig und ergebnisorientiert war und nicht als tatsächliche Genderwirkungsanalyse des Landeshaushaltes bezeichnet werden kann.
  • Das schleswig-holsteinische Gleichstellungsgesetz ist bereits von 1994.

Schleswig-Holstein benötigt eine Masterstrategie in Bezug auf „Gleichstellung“ mit konkreten Richtungs- und Teilzielen und entsprechenden wirkungsvollen Maßnahmen. Ebenso sollte nach einer dreijährigen Erprobungsphase die evidenz- und qualitätsbasierte Umsetzung des Zieles „Geschlechtergerechtigkeit“ dargelegt werden.

Die Landesregierung ist aufgefordert, eine konsequente geschlechtergerechte Haushaltsführung (Gender-Budgeting) umzusetzen.

Die konsequente Umsetzung von gendersensibler Sprache ist in sämtlichen Drucksachen und Berichten voranzutreiben.

Eine Novellierung des Gesetzes zur Gleichstellung der Frauen im öffentlichen Dienst (GstG vom 13.12.1994) muss den Veränderungen Rechnung tragen, um den Gleichstellungsauftrag der Landesverfassung umzusetzen. Im Fokus sollten folgende Punkte stehen: Der Geltungsbereich des GstG muss sich auf teilprivatisierte Verwaltungen des Landes und der Kommunen erstrecken, unabhängig von ihrer Rechtsform. Des Weiteren sollte eine Novellierung verbesserte Rahmenbedingungen für die Gleichstellungsarbeit, eine Weiterentwicklung der Frauenförderpläne zu einem effektiveren Personalentwicklungsinstrument und Regelungen für einen familiengerechten Betrieb enthalten etc. Für die Novellierung müssen entsprechende Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.

Die Landesregierung ist aufgefordert, ein Landesgesetz zu Parité in den Landes- und Kommunalparlamenten und weiteren Gremien – d. h. die hälftige Besetzung von Frauen und Männern, die hälftige Beteiligung in allen Gremien und Aufsichtsräten (siehe §15 GstG) – sowie ein paritätisches Wahlrecht auf den Weg zu bringen.

Veranstaltungen zum Internationalen Frauentag
Aber der Internationale Frauentag lädt auch wieder dazu ein, das bisher Erreichte zu feiern. Dazu organisieren die Gleichstellungsbeauftragten der benachbarten Kommunen wieder verschiedene Veranstaltungen und Aktionen.

Auch in diesem Jahr werden wieder Banner am 8. März an den Rathäusern der Kommunen hängen. Der Tag wurde 1977 durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen als Internationaler "Tag für die Rechte der Frau und den Weltfrieden" proklamiert. Seine Geschichte geht bis auf 1911 zurück. Damals feierten Frauen zum ersten Mal einen Frauentag, an dem sie sich für Gleichberechtigung und das Wahlrecht für Frauen einsetzten. „Die Banner betonen die Bedeutung des Tages und bringen zum Ausdruck, dass die Impulse von der Kommune ausgehen, um die Gleichberechtigung der Frauen voran zu bringen“, betont Sabine Schaefer-Maniezki, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Kaltenkirchen.

Henstedt-Ulzburg – Stadtrundgang „Die Hanseatinnen“
Gleichstellungsbeauftragte Svenja Gruber lädt, wie seit vielen Jahren, zu einem historischen Stadtspaziergang für Frauen durch Hamburg ein, dieses Jahr am Sonntag, 12. März. Zum Thema „Die Hanseatinnen: Vom Gängeviertel, tätiger Nächstenliebe und Kulturschaffenden“ führt Historikerin und Hamburgkennerin Wiebke Johannsen interessierte Frauen durch die Innenstadt. Die Frauengruppe passiert unter anderem die älteste Hamburger Bücherhalle und ein Verlagshaus, das für einen Skandal in den 1970er Jahren steht. Auf dem Weg von alter zu neuer Musikhalle werden kulturell engagierte und tätige Frauen, das Frauenleben und die Entwicklung der Stadt Hammonias vorgestellt. Der Ausflug beginnt mit einem gemeinsamen Brunch im Frauencafé „endlich“. Und der Spaziergang endet an der Elbphilharmonie. Auf der Plaza, der öffentlichen Aussichtsplattform, genießt die Frauengruppe auf 37 Metern Höhe den Rundumblick auf die Stadt und den Hafen.

Bad Bramstedt – Konzert mit „Samt & Saitig“
Gleichstellungsbeauftragte Gabriele Städing organisiert am Freitag, 10. März ein Konzert mit der Gruppe Samt & Saitig im Schlosssaal in Bad Bramstedt. Das Programm ist sehr vielseitig, ob englische oder deutsche Evergreens, Folk-, Popsongs oder Balladen, ob mit Gitarre oder a cappella vorgetragen – das weibliche Trio spielt und singt, was ihnen gefällt. Der Zuhörer merkt schnell, dass „Harmonie im Dreiklang“ und viel Spaß an der Musik und dem Miteinander bei Samt & Saitig an erster Stelle stehen.

Kaltenkirchen – Stadtrundgang „Entdeckerinnen - Frauen erkunden die Welt“
Am Freitagmittag, 10.3.2017 lädt die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Kaltenkirchen, Sabine Schaefer-Maniezki, mit interessierten Kaltenkirchenerinnen um 13 Uhr nach Hamburg. Dort startet der Frauen-Stadtrundgang unter fachkundiger Leitung der Tornescher Historikerin Annette Schlapkohl. „Der Rundgang im Park Planten un Blomen besucht geeignete Orte, wo wir verweilen, um uns mit Frauen zu beschäftigen, die eine besondere Entdeckerfreude auszeichnete. Wir erfahren von Reiseschriftstellerinnen und Frauen, die im Bereich Zoologie und Paläoanthropologie entdeckend tätig waren, manche von ihnen waren auch politisch aktiv. Auch im Tropenhaus werden wir uns aufhalten, dafür kann schon einmal warmes Klima in Aussicht gestellt werden!“ Es sind noch freie Plätze zu vergeben. Kosten fallen nur für die Fahrt an und für eventuelle weitere Unternehmungen in HH im Anschluss an das Programm. Um Anmeldung wird gebeten bis zum 7.3.2016 unter s.schaefer-maniezki@kaltenkirchen.de oder unter Telefon: 04191939-152.

Norderstedt
Mehr als 1.000 fair gehandelte Rosen werden am 8. März an FRAUEN verteilt: in Norderstedter Seniorenheimen an Pflegerinnen und Bewohnerinnen, im Herold-Center und abends in mehreren Restaurants in Norderstedt. Es ist wichtig, dass die Arbeiterinnen in Ecuador und den afrikanischen Staaten, aus denen die Rosen stammen, ausreichenden Lohn und gute Arbeitsbedingungen haben. Und es ist eine gute Gelegenheit, sowohl auf die immer noch mangelnde Anerkennung der Care-Arbeit bei uns in Deutschland hinzuweisen, als auch den Pflegerinnen wenigstens einen kleinen Gruß zukommen zu lassen.
Kooperation mit Eine Welt e.V., Amt Nachhaltiges Norderstedt, Blume 2000.

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